Projekt Schüleraustausch mit Tschechien - Thema: Grenzen
Inhaltsverzeichnis
Begründung des Projektthemas
Am 21. Dezember 2007 rückte Europa enger zusammen: Seit diesem Tag können Millionen von Reisenden in Ost- und Mitteleuropa ohne Grenzkontrollen ihre Nachbarländer besuchen. Durch die Aufnahme Tschechiens in den Schengen-Raum fielen die Schlagbäume an der deutsch-tschechischen Grenze.
Programm für den Aufenthalt der tschechischen Schüler/innen in Bamberg vom 12. 4. 2008 bis 19. 04. 2008
Samstag, 12.4. | Ankunft gegen 18.00 (Park and Ride, Heinrichsdamm)
Aufnahme der Gäste durch die deutschen Familien |
Sonntag, 13.4. | Tag in den Familien |
Montag, 14.4. | 8.00 - 8.45 Begrüßung in der Schule 8.45 - 11.15 Teilnahme am Unterricht |
Dienstag, 15. 4. | 8.00 Abfahrt nach Bayreuth Bayreuth, die Stadt der Markgräfin Wilhelmine, Schwester Friedrich des Großen: Überwindung der Grenzen zwischen Bayern und Preußen |
Mittwoch, 16. 4. | Malprojekt: Mein Bild von dir (Überschreitung persönlicher Grenzen) mit Frau Eva Pachale 8.00- 10.30 Teilnehmer der Klasse 10 d und ihre tschechischen Partner |
Donnerstag, 17. 4. | Frankfurt: Ganztagesausflug ohne die deutschen Schüler
Führung durch den Flughafen (Überwindung von Grenzen durch Luftverkehr, aber auch Grenzen des Wachstums) |
Freitag, 18. 4. | Mödlareuth: Geschichte der innerdeutschen Grenze
8.00 Uhr Abfahrt nach „Mödlareuth“ (Dorf mit 50 Einwohnern an der Grenze zwischen Bayern und Thüringen; es ist seit mehr als 400 Jahren zwischen den beiden Ländern geteilt. 41 Jahre lang verlief die innerdeutsche Grenze mitten durch das Dorf) |
Samstag, 19. 4. | Abfahrt |
Mein Bild von Dir
Zeitrahmen: Für das Projekt stehen jeweils ein (halber bis ganzer) Vormittag während der Besuchswoche zur Verfügung. In dieser Zeit lässt sich das Projekt durchführen, sinnvoll – und von vielen Teilnehmern auch gewünscht – ist aber eine dritte Phase, in der dann über das Ergebnis reflektiert werden kann.
Ziel: Die Partner, die sich nur wenig kennen, sollen sich auf einer anderen Ebene – ohne die übliche „Interviewtechnik“, also ohne Sprache – kennen lernen. Prinzipiell ist das Projekt aber auch für jede andere Gruppe geeignet, wenn Gruppenprozesse intensiviert werden sollen.
1. Phase: „Contourdrawing“ (nur Kopf)
Die jeweiligen Partner sitzen sich gegenüber und haben die Aufgabe, sich gegenseitig genau zu betrachten – OHNE DABEI ZU SPRECHEN. Diese Haltung gilt für die ganze Zeitdauer der Übung und ist entscheidend für ihr Gelingen. Vor ihnen liegt jeweils ein großer Bogen Papier, in der Hand halten sie einen Stift (wir haben ein weiches Papier und Zeichenkreide gewählt – es geht aber auch mit Bleistift etc). Der nächste Schritt ist jetzt, den Umriss des Partners („Contour“) aufs Papier zu bringen, OHNE DABEI AUFS PAPIER ZU SCHAUEN. Dazu wählt jeder mit der Hand einen Punkt auf dem Papier und mit den Augen einen Punkt an der Umrisslinie seines „Modells“. Während er jetzt mit den Augen LANGSAM der Umrisslinie des Modells folgt, bringt seine Hand diese Linie aufs Papier. Je besser es gelingt, diese drei Bedingungen einzuhalten, desto eindrucksvoller (oft auch komisch) ist das Ergebnis.
Das Contourdrawing ist eigentlich eine Aufmerksamkeitsübung, die den Teilnehmern nicht geringe Disziplin abverlangt. Im Rahmen des Projekts dient sie dazu, sich für einen relativ langen Zeitraum auf den anderen einzulassen, auch den Blick auszuhalten und in einen ungewohnt dichten Kontakt zu ihm zu treten. Es lässt sich natürlich auch mit der ganzen Person als Modell durchführen.
2. Phase: Portrait in Farbe
Es werden nur drei Farben von jedem Schüler gewählt, mit denen er abstrakt seinen Partner malen soll. Allein aus der Farbzusammenstellung und der abstrakten Formen soll die Individualität deutlich werden.
3. Phase: Diskussion
Frankfurt
Es war der Wunsch der tschechischen Partner, dieses Jahr wieder Frankfurt und vor allem den Flughafen zu besuchen. Während einer Busfahrt von einer dreiviertel Stunde über das Flughafengelände erfuhren die Schüler/innen Faszinierendes und Beeindruckendes über den Frankfurter Flughafen, der mit Abstand der größte deutsche Flughafen und zugleich einer der weltweit bedeutendsten Luftfahrt-Drehkreuze ist. Gemessen am Passagieraufkommen ist er der drittgrößte Flughafen in Europa und der achtgrößte im weltweiten Vergleich. Der Flughafen soll in Zukunft wegen des erwarteten Verkehrszuwachses weiter ausgebaut werden. So gibt es aktuell 460.000 Flugbewegungen, bis 2020 wird ein Anstieg auf über 700.000 Flugbewegungen erwartet. Doch für den Ausbau sollen fast 500 Hektar Wald gerodet werden. Dieser Wald hat aber eine große Bedeutung für den Wasserhaushalt, die Erholung der Menschen und als Lärm- und Klimaschutz. Schon heute leiden Menschen in der Region, insbesondere im direkten Umfeld des Flughafens, unter unvorstellbarem Lärm, Luftschadstoffen und Gerüchen. Die Schüler/innen, denen die Informationen auf Tschechisch übersetzt wurden, konnten erkennen, dass das Wachstum nicht grenzenlos sein kann, sondern dass nach für alle Beteiligten verträglichen Alternativen gesucht werden muss.
Das alte und das neue Frankfurt
Mödlareuth
Besuch des deutsch-deutschen Museums
Auf der gemeinsamen Busfahrt nach Mödlareuth wurden die Schüler/innen anhand eines verteilten Informationsblattes auf den Museumsbesuch vorbereitet. Der Text wurde mündlich erläutert und von den tschechischen Kolleginnen übersetzt. In Mödlareuth wurden die Schüler/innen zuerst durch einen eindrucksvollen Videofilm in die Geschichte des Ortes und der Grenze eingeführt. Anschließend wurden sie sehr detailliert von einem Museumsmitarbeiter im Freilichtmuseum über Einzelheiten der DDR-Grenzanlagen informiert (wiederum mit tschechischer Übersetzung). Abschließend bestand die Möglichkeit, weitere Teile des Freigeländes oder die Sonderausstellung des Museums zu erkunden.
Die Grenzfestigungsanlagen der DDR
(Informationen zur Fahrt nach Mödlareuth/Peter Müller)
Die folgende Tabelle zeigt die Anzahl der Menschen, die in einzelnen Jahren zwischen der Gründung der DDR 1949 und der deutschen Vereinigung 1990 die DDR verließen oder aus ihr in den Westen flüchteten.
Die Gründe dafür waren vor allem die Unzufriedenheit mit den Sozialisierungsmaßnahmen wie der Verstaat¬li¬chung von Betrieben oder der Kollektivierung der Landwirtschaft, politische Unterdrü¬ckung, z.B. im Umfeld des Aufstands vom 17. Juni 1953, und in der zweiten Hälfte der 50er Jahre zunehmend der Anreiz durch die bessere Wirtschaftslage in der Bundesrepublik. Gut ausgebildete DDR-Bürger konnten im Westen deutlich besser verdienen und an dem dortigen höheren Lebensstandard teilhaben.
Für die DDR bedeutete diese Abwanderung eine dauernde Schwächung ihrer Wirtschaft, besonders proble¬ma¬tisch war, dass viele Flüchtlinge ihre Ausbildung auf Kosten der DDR erhalten hatten, dann aber z.B. als Ingenieure in die BRD gingen. Deshalb verriegelte die DDR ihre Grenzen durch die Berliner Mauer (1961) und einen immer raffinierteren Ausbau der Sperranlagen zur BRD mit Zäunen, Mauern, Todesstreifen, Wachtürmen usw., die die untere Abbildung zeigt. Die Wachmannschaften hatten den Befehl, auf alle Menschen zu schießen, die versuchten, die Grenze unberechtigt zu überschreiten.
In Mödlareuth nördlich von Hof wurde ein kleines Dorf, durch das jetzt noch die Grenze zwischen Bayern und Thüringen geht, durch solche Anlagen vollständig auseinander getrennt („Klein-Berlin“). Heute befindet sich dort ein Museum mit Freianlage, das an die Zeiten der deutschen Teilung und die befestigte Grenze erinnert.