Treffen mit den Nobelpreisträgern in Lindau: Unterschied zwischen den Versionen
(kein Unterschied)
|
Aktuelle Version vom 8. Juli 2014, 08:40 Uhr
Dieses Jahr trafen sich bereits zum 64. Mal 38 Nobelpreisträger zusammen mit über 600 ausgezeichneten Nachwuchswissenschaftlern aus 80 Ländern der Welt (beworben haben sich über 20.000) auf der Nobelpreisträgertagung in Lindau am Bodensee. Dabei gab es ein dreitägiges Begleitprogramm „Teaching Spirit“ für 20 Biologie- /Chemielehrer aus dem deutschsprachigem Raum. Auf Vorschlag von der Jugend forscht Stiftung und durch Auswahl durch das Kuratorium der Lindauer Nobelpreisträgertagung durfte StD Stefan Gärtig vom Franz-Ludwig- Gymnasium aus Bamberg an dieser Tagung teilnehmen.
Am ersten Tag fand neben der Anfahrt ein gemütliches Get-Together zum untereinander Kennenlernen der 20 ausgezeichneten Lehrer und Lehrerinnen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz in der Lindauer Altstadt statt.
Am kommenden Tag sind die Lehrer in die Lindauer Inselhalle zu acht englischsprachigen Vorträgen von Nobelpreisträgern eingeladen worden. Es sprachen die Nobelpreisträger Hartmut Michel, Johann Deisenhofer, Robert Huber, Ferid Murad, Werner Arber, Martin Charlie, Sir John Walker und Oliver Smithies. Inhaltlich und vom Stil her waren die Vorträge sehr unterschiedlich.
Besonders beeindruckt hat der inzwischen 82 Jahre alte Oliver Smithies (Nobelpreis 2007 in Physiologie / Medizin für bahnbrechende Entdeckungen im Bereich embryonaler Stammzellen und der DNA-Rekombination bei Säugetieren), der das Publikum mit seinem Thema „Where Do Ideas Come From?“ begeisterte. Er hatte dazu seine alten handschriftlichen Laborbücher von 1954 dabei und zeigte seine ersten Elektrophoresebilder, welche er mit Hand skizzierte, da er damals kein Geld für eine Kamera hatte. Er zeigte seine Notizen von Silvester oder seinem Geburtstag, an denen er sich auch Gedanken zu seinen Experimenten machte, da es für ihn keine Arbeit war, sondern Spaß und Genuss! Er sagte, das wichtigste sei „Enjoy it!“.
Im Anschluss gab es ein gemeinsames Mittagessen mit 5 deutschsprachigen Nobelpreisträgern im Hotel „Bayerischer Hof“. Der Bamberger Lehrer Stefan Gärtig saß zusammen mit Hartmut Michel (siehe Bild), der vor 16 Jahren mit dem Nobelpreis Chemie für die Aufklärung der dreidimensionalen Raumstruktur von Membranproteinen (v.a. des Reaktionszentrums der Photosynthese, Photosystem II) ausgezeichnet wurde. Es ergaben sich hier ganz nette, persönliche Gespräche, z.B. erklärte Michel, dass er sein naturwissenschaftliches Interesse in der Schule durch einen sehr engagierten Physiklehrer geweckt wurde, der viele Dinge experimentell erklärte und so ihn als Schüler für die naturwissenschaftliche Laufbahn begeisterte.
Unmittelbar danach wurde im Kursaal mit Bodenseeblick den Lehrern die Lindauer Mediathek vorgestellt und Möglichkeiten zu deren Nutzung im Unterricht aufgezeigt, z.B. Nobelpreisträger im Unterricht „direkt“ zu Wort kommen zu lassen. Es schloss sich ein Vortrag und Workshop des Leibnitz-Institut für Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN) aus Kiel an.
Am Abend hat der Freistaat Bayern zum „Bayerischen Abend“ geladen. Nach Grußworten von Herrn Dr. Spaenle, dem Bayerischen Wissenschaftsminister, und weiteren wissenschaftlichen Vorträgen zur Geschichte von Lindau oder über die Gefahr von Handystrahlung wurde ein echt bayerischer Schuhplattler zu zünftiger Blasmusik mit Akkordeon aufgeführt. Auch der eine und andere internationale Naturwissenschaftler versuchte, diesem bayerische Brauchtum nachzueifern. Ein reichhaltiges „Bayerisches Buffet“ rundete den Abend ab.
Der dritte Tag begann schon früh um 7.15 Uhr mit dem Boarding auf das größte und exklusivste Kreuzfahrtschiff im Bodensee, die „Sonnenkönigin“. Es war eine wunderschöne Fahrt zusammen mit den Nobelpreisträgern auf die Blumeninsel Mainau. Auf dem Sonnendeck setzte sich Werner Arber, welcher 1978 den Nobelpreis für die Entdeckung der Restriktionsenzyme (die „Scheren“ der Gentechnik) zu den Lehrern aufs Sonnendeck und verriet Herrn Gärtig im Gespräch, dass auch er ursprünglich Lehramt in Zürich studiert hatte, bis ihn sein Professor damals an der Uni an ein Röntgenstrukturanalysegerät setzte. Er verriet zudem, dass er damals von der Atomindustrie bezahlt wurde und sich offiziell mit der Auswirkung der Strahlung auf Mikroorganismen beschäftigte. Das Auffinden der Genscheren hat damals den Grundstein für die heutige Gentechnik gesetzt. Am Ende gab er lächelnd und zufrieden jedem Lehrer ein Autogramm, mit dem diese im künftigen Biologieunterricht die Schüler motivieren wollen.
Gräfin Bettina Bernadotte begrüßte die Gäste und Forscher auf Mainau und lud zu einer zweistündigen Podiums-Diskussion zum Thema „Science for Benefit of Human Kind“ mit Nobelpreisträgern auf der Bühne ein. Mit der „Sonnenkönigin“ ging es dann am Abend wieder mit Live-Band und Buffet an Bord in Richtung Lindau.
Herr Gärtig sieht diese Einladung als einmaliges Erlebnis und sagt: „Es waren sehr beeindruckende Tage, an denen am meisten in Erinnerung bleiben wird, wie offen und zugänglich die „Nobelpreisträger“ waren. Es ist für einen Naturwissenschaftler mit keinem Geld der Welt aufzuwiegen, den Entdeckern live zu begegnen und mit ihnen über ihre Erfindungen zu plaudern, die heutzutage in jedem Biologiebuch der Oberstufe (z.B. Membranproteine, Photosynthesepigmente, Restriktionsenzyme, Gentechnik) stehen und jetzt nicht nur als „trockener Stoff“ gesehen werden, sondern vielleicht ein Teil von dem Funken der Wissenschaftler im Unterricht auf die Schüler überspringt, ganz im Sinne der Nobelpreisträger „Educate, Inspire, Connect“.“
In diesem Sinne wünscht sich Herr Gärtig viele naturwissenschaftlich interessierte Schüler, die sich vom "Jugend-forscht"-Virus anstecken lassen und begeistert und motiviert ihre Forschungen vorantreiben. In den letzten 12 Jahren haben jährlich mehrere Forschergruppen vom FLG am Wettbewerb "Jugend forscht" erfolgreich teilgenommen und die Schule hat dafür mehrere Auszeichungen erhalten. Am meisten würde es den engagierten Biologie- und Chemielehrer freuen und nicht wundern, wenn vielleicht einmal ein Nobelpreisträger aus dem Franz-Ludwig-Gymnasium hervorgehen würde, der früher einmal an "Jugend forscht" teilgenommen hat und dies der Start für die wissenschaftliche Karriere war.